Altbauten haben Charme – aber bei der Elektrik steckt oft ein Risiko. Viele Häuser und Wohnungen wurden in einer Zeit gebaut, in der es weder Wallbox, Wärmepumpe, Induktionskochfeld noch Homeoffice-Technik gab. Dazu kommen Sicherheitsstandards, die heute deutlich höher sind. Die Folge: Überlastete Leitungen, zu wenige Stromkreise, fehlender FI-Schutz und ein Sicherungskasten, der nicht mehr zum Alltag passt. In diesem Beitrag erfährst du, wann eine Elektrik-Sanierung sinnvoll ist, was dabei typischerweise gemacht wird und welche Punkte besonders wichtig sind – auch bei Renovierung und Modernisierung.
1) Woran erkenne ich, dass die Elektrik im Altbau erneuert werden sollte?
Es gibt typische Hinweise, die ernst genommen werden sollten:
- Kein FI/RCD vorhanden (besonders kritisch in Bad, Küche, Außenbereichen)
- Sicherungskasten alt (z. B. Schraubsicherungen/„Diazed“, wenig Platz, keine Reserven)
- Zu wenige Steckdosen → Mehrfachsteckdosen überall
- Sicherungen fliegen häufig raus, wenn mehrere Geräte laufen
- Flackerndes Licht, brummende Schalter/Steckdosen
- Warme Steckdosen oder Geruch nach „verschmort“ (sofort prüfen lassen)
- Alte Leitungen (z. B. brüchige Isolation, Stoffummantelung, unbekannte Leitungsführung)
- Kein oder schlechter Potentialausgleich/Erdung
- Umbauten ohne Dokumentation (gefährliche Mischinstallationen möglich)
Gerade wenn du renovierst (neue Küche, neues Bad, neue Heizung) oder große Verbraucher planst (PV, Wallbox, Wärmepumpe), ist ein Technik-Check besonders sinnvoll.
2) Teil- oder Komplettsanierung: Was ist sinnvoll?
Teilsanierung
Eine Teilsanierung kann reichen, wenn:
- die Leitungen grundsätzlich ok sind (Zustand und Querschnitt passen)
- du nur einzelne Bereiche modernisieren willst (z. B. Küche/Bad)
- genug Stromkreise vorhanden sind und die Verteilung modernisierbar ist
Typische Teilsanierungen:
- neue Unterverteilung/Zählerschrank-Komponenten
- FI/RCD nachrüsten
- Überspannungsschutz nachrüsten
- zusätzliche Stromkreise für Küche/Bad/Arbeitszimmer
- neue Steckdosen und Schalter in einzelnen Räumen
Komplettsanierung
Eine Komplettsanierung ist oft sinnvoll, wenn:
- Leitungen sehr alt oder beschädigt sind
- keine zeitgemäße Erdung/Potentialausgleich vorhanden ist
- die Elektroanlage „gewachsen“ ist (viele Bastellösungen)
- du Grundriss/Innenausbau komplett erneuerst (idealer Zeitpunkt)
- du langfristig große Verbraucher einplanst (Wallbox, Wärmepumpe, PV, Klimageräte)
Viele Eigentümer entscheiden sich bei einer Kernsanierung bewusst für „einmal richtig“, weil Nachrüsten später teurer und aufwendiger ist.
3) Was wird bei einer Elektrik-Sanierung konkret gemacht?
Je nach Umfang umfasst eine Sanierung typischerweise folgende Arbeiten:
a) Bestandsaufnahme und Planung
- Prüfen von Verteilung, Leitungen, Erdung, Potentialausgleich
- Messen/Prüfen: Isolationswiderstand, Schutzleiter, Schleifenimpedanz etc.
- Planung von Stromkreisen, Steckdosen, Lichtauslässen, Netzwerk, Reserve
- Festlegen von Zonen (Küche/Bad/Arbeitszimmer/Technikraum)
b) Zählerplatz / Sicherungskasten modernisieren
- neuer oder angepasster Zählerschrank/Unterverteilung
- moderne Leitungsschutzschalter (LS)
- FI/RCD-Schutzschalter (mehrere Gruppen, damit nicht alles dunkel wird)
- ggf. SLS/Selektivität (je nach Aufbau)
- saubere Beschriftung, Dokumentation und Reserven
c) Neue Leitungen und Stromkreise
- neue Leitungsführung nach aktuellem Bedarf
- ausreichend getrennte Stromkreise (z. B. Küche: Herd, Spülmaschine, Arbeitssteckdosen)
- separate Stromkreise für sensible Bereiche (Homeoffice, Server, Technik)
- Vorbereitung für spätere Erweiterungen (z. B. Wallbox/Photovoltaik)
d) Steckdosen, Schalter, Licht
- mehr Steckdosen (weniger Mehrfachsteckleisten = mehr Sicherheit)
- sinnvolle Schalterpositionen und Beleuchtungskonzepte
- ggf. Bewegungsmelder, Dämmerungsschalter, Außenbeleuchtung
e) Erdung und Potentialausgleich
- Prüfung und ggf. Erneuerung/Ergänzung des Potentialausgleichs
- Einbindung von Wasser-/Heizungsrohren, Antenne, PV, Blitzschutz (falls vorhanden)
- saubere Schutzmaßnahmen sind Basis für Sicherheit und Funktion
f) Überspannungsschutz
- Überspannungsschutzgeräte (SPD) können sensible Elektronik im Haus schützen
- besonders relevant bei PV-Anlagen, langen Leitungswegen oder exponierter Lage
- bei Blitzschutzanlagen ist die korrekte Einbindung ins Gesamtkonzept wichtig
g) Abschlussprüfung & Dokumentation
- Messprotokolle
- Stromkreispläne/Verteilerdokumentation
- Einweisung und Empfehlungen für Betrieb/Erweiterung
4) Elektrik-Sanierung in Wohnung: Was ist anders?
In Wohnungen hängt vieles davon ab, ob du Eigentümer bist und wie die Zähler-/Steigleitungen aufgebaut sind.
Typische Besonderheiten:
- Zählerplätze oft im Keller oder Gemeinschaftsbereich
- Steigleitungen sind manchmal veraltet und begrenzen Modernisierung
- Abstimmung bei Maßnahmen außerhalb der Wohnung (Hausverwaltung/WEG)
- Leitungswege über Schächte und Gemeinschaftsflächen
Trotzdem lässt sich innerhalb der Wohnung viel verbessern: Unterverteilung modernisieren, FI nachrüsten, Stromkreise erweitern, Steckdosen sinnvoll planen und Sicherheitsniveau erhöhen.
5) Küche, Bad, Keller, Außenbereiche: Hier passieren die meisten Probleme
Küche
- viele leistungsstarke Geräte → braucht mehrere Stromkreise
- Herd/Backofen/Induktion → eigener Anschluss
- Arbeitssteckdosen → ausreichend und sinnvoll verteilt
Bad
- Feuchtraum → Schutzmaßnahmen besonders wichtig
- FI/RCD zwingend sinnvoll
- Beleuchtung/Spiegelschrank/Handtuchheizkörper etc. planen
Keller/Technikraum
- Waschmaschine/Trockner/Heizung/Wärmepumpe → oft hoher Bedarf
- Beleuchtung, Steckdosen, ggf. Netzwerk
- Platz für spätere Technik (PV-Wechselrichter, Speicher)
Außenbereiche
- Außensteckdosen und Außenbeleuchtung
- Garten, Carport, Garage
- Wallbox-Vorbereitung, elektrische Tore, Kameras
- robuste Komponenten und passende Absicherung
6) Kosten: Wovon hängt der Preis ab?
Die Kosten für eine Elektrik-Sanierung hängen stark ab von:
- Umfang (Teil- oder Komplettsanierung)
- Größe der Immobilie (m², Anzahl Räume)
- Leitungswege (Schlitzen, Decken abhängen, Leerrohre)
- Zustand von Zählerschrank/Verteilung
- Anzahl neuer Stromkreise, Steckdosen, Sonderwünsche (Netzwerk, Smart Home)
- Zusatzthemen (PV, Wallbox, Blitzschutz, Überspannungsschutz)
Eine pauschale Zahl ist selten seriös. Sinnvoll ist ein Vor-Ort-Termin mit Bestandsaufnahme und konkretem Konzept.
7) Typische Fehler bei Altbau-Elektrik (und wie du sie vermeidest)
Fehler 1: Nur „mehr Steckdosen“ ohne neue Stromkreise
Mehr Steckdosen bringen wenig, wenn dahinter weiterhin ein überlasteter Stromkreis hängt. Moderne Planung bedeutet: passende Stromkreise + passende Absicherung.
Fehler 2: FI nur „irgendwie“ nachrüsten
Ein FI ist super – aber er muss sauber geplant werden (Gruppenbildung, Selektivität, Auslösecharakteristik) und darf nicht durch alte Verdrahtung ausgebremst werden.
Fehler 3: Zählerschrank nicht zukunftsfähig machen
Heute keine Wallbox? In zwei Jahren vielleicht schon. Wer jetzt keinen Platz und keine Reserve einplant, zahlt später doppelt.
Fehler 4: Erdung/Potentialausgleich ignorieren
Das ist kein „Nice-to-have“, sondern Basis für Personenschutz und stabile Technik – besonders bei PV, Blitzschutz und Überspannungsschutz.
Fehler 5: Keine Dokumentation
Ohne Stromkreisplan, Beschriftung und Messprotokoll wird jede spätere Erweiterung teuer und riskant.
8) Blitzschutz & Überspannung: Warum das im Altbau besonders relevant sein kann
Altbauten stehen teils exponiert, haben lange Leitungswege und werden oft nachträglich mit moderner Technik ausgestattet (PV, Netzwerktechnik, Smart Home). Gerade dann lohnt es sich, das Thema Schutz ganzheitlich zu betrachten:
- äußerer Blitzschutz (falls erforderlich / gewünscht)
- innerer Blitzschutz / Überspannungsschutz
- sauberer Potentialausgleich
Ein professioneller Blitzschutzbetrieb kann hier helfen, Risiken realistisch einzuordnen und passende Maßnahmen umzusetzen.
9) Fazit: Elektrik-Sanierung ist Sicherheit + Komfort + Zukunft
Eine moderne Elektroinstallation bedeutet:
- mehr Sicherheit (FI, saubere Absicherung, geprüfte Anlage)
- mehr Komfort (genug Steckdosen, sinnvolle Schaltungen, gute Beleuchtung)
- Zukunftsfähigkeit (PV, Wallbox, Wärmepumpe, Smart Home vorbereitet)
Wenn du renovierst, ist der beste Zeitpunkt für eine Elektrik-Sanierung: Wände sind offen, Leitungswege sind zugänglich und du kannst die Anlage einmal sauber auf deinen Bedarf planen – statt später mit Kompromissen zu leben.




